Day Canyon Point
Die letzten Tage waren stets heiss gewesen, immer um 40°C als Tageshöchsttemperatur. Trocken, wie es in einer Halbwüste im Sommer zu erwarten ist.Wir lieben dieses Wetter. Aber für heute gibt es eine kleine Chance auf Gewitter. Wir werden sehen, was uns erwartet Erst mal frühstücken, das Neueste in der Zeitung lesen! In der Garage erwartet mich die erste Überraschung des Tages. Das rechte Vorderrad ist platt, der Ersatzreifen muss ran.
Davon lassen wir uns die Laune nicht verderben, besuchen erst mal unseren angestammten Coffe-Shop. Danach bekommt Chip Arbeit. Seine Truppe flickt uns in gewohnt zuverlässiger Manier den Reifen. "White Rock" erklärt der Mechaniker, zeigt mir ein spitzes, nagelartiges Fragment aus einem wirklich sehr harten Gestein. Offenbar stammt es noch von unserer Tour ins Jackson Hole. Dort gab es solches Material.
Zuhause entschliessen wir uns - jetzt sind wir so oder so etwas spät dran! - Tabula Rasa zu machen und unseren H3 von den unseligen Running Boards zu befreien. "Henry" wird ohne eine bessere Figur machen.
Die Arbeit gestaltet sich ein wenig fieselig, weil sich die Schrauben der nachgerüsteten Trittbrett-Halter auf der linken Seite hinter dem Handbremsseil verstecken. Das Fahrzeug ist im Übrigen vollständig metrisch aufgebaut.
Jetzt wollen wir aber doch nochwas unternehmen. Es sollte nicht so weit weg sein. Wir erinnern wir uns an einen fast 20 Jahre alten Text eines locals über den Day Canyon Point. Das wäre doch was. In den herkömmlichen Trailbeschreibungen für Moab and vicinity braucht man erst gar nicht suchen, die meist ortsfremden Autoren kennen solche Trails nicht. Natürlich konnte der Autor vor zwei Jahrzehnten noch nicht mit GPS-Koordinaten dienen.
D3r 4WD-Trail soll von der Long Canyon Road abzweigen, ein Stück nachdem sie die Hochfläche in der Nähe des Dead Horse Points erreicht hat. Also nehmen wir die Potash Road und biegen in den Long Canyon ab. Vom Hörensagen wissen wir, dass das extrem nasse Frühjahr 2009 der Road heftig zugesetzt haben soll.
Bestätigen können wir das nicht, die Road ist Pkw-geeignet wie eh und je. Jedenfalls bis zum Fallen Rock, dahinter wird sie auf wenige 100 Meter anspruchsvoller, erfordert den vollen Einsatz der 4WD-Fähigkeiten des Fahrzeugs. Weiter oben ist die Road wieder in wesentlich besserem Zustand. Leider bewölkt sich der Himmel relativ stark.
Und wo liegt die Abzweigung zum Day Point?
Blick in die Karten. National Geographics Moab North ist keine Hilfe, da man an der entscheidenden Stelle eine Textbox über die Landschaft genagelt hat. Eben die gewohnt schlechte Qualität dieser Kartenserie. DeLorme Topo USA hilft auch nicht weiter, hat zwar einen Trail, aber das soll ein Fussweg sein. Nur auf den "amtlichen" Topomaps findet man den gesuchten 4WD-Trail.
Am angegebenen Punkt (12S 0611230, 4266403) zweigt eine gute Spur ab, endet leider auf dem ersten Blick nach wenigen hundert Metern auf einer Ölbohrstelle. Ein Unding, dass es sowas in Sichtweite von National- und State-Parks gibt!
Wir drehen um, versuchen andere Spuren. Der erste ist ein Flop, der zweite führt uns auf eine Anzahl Explorations-Schneissen, mit denen man die Landschaft gitternetzartig überzogen hat. Schande über die, die so etwas genehmigen!
Mit Hilfe der Karten und des GPS finden wir tatsächlich auf den ursprünglichen Trail zurück. Die Bewölkung ist inzwischen leider noch dichter geworden, es beginnt leicht zu regnen.
Die Spur ist steinig, führt stetig leicht bergab. Gelegentliche Stufen stellen keine unüberwindlichen Hindernisse dar. Schon eher die Tatsache, dass der Trail seit Ewigkeiten nicht mehr benutzt wurde und langsam optisch verschwindet. Zweimal erwischen wir abzweigende Trails, die im Nichts enden.
Wir befinden uns auf einer Plattform, die Ausblicke in viele verschiedene Richtungen zulässt, leider durch das schlechte Wetter beeinträchtigt. Das schreckt uns allerdings noch nicht ab.
Warum gibt es solche Trails überhaupt, wozu dienten sie? Die Antwort ist fast immer gleich - es waren Explorations-Trails, zumeist auf der Suche nach Uran. Von dieser Vorarbeit zehren wir alle, die weit hinaus in die Landschaft wollen, noch heute.
Eine der Spuren, die sich als Sackgassen erweisen, führt uns an den Rand eines Seitenarms des Long Canyons.
Man muss schon zugeben, übermässig aufregend ist der Trail besonders bei dem schlechten Wetter nicht, bietet aber kleine Schönheiten im Detail, wie man sie oft findet.
Dann doch noch der grosse Ausblick im Regen. Die Moab Fins in einem einzelnen Sonnenstrahl. Wir ziehen uns ins Auto zurück. Der Ice Chest liefert alles, was wir für ein Lunch benötigen.
Irgendwie scheint es uns als hätten wir den Trail verloren und das Wetter ist auch nicht gerade animierend. Wir beschliessen, die unvollendete Erkundung abzubrechen, umzukehren. Das war heute einfach nicht unser Tag. Noch einige Impressionen von der Tour zurück, die uns wieder an die Ölbohrstelle bringt. Den dort zerstörten alten Weg spuren wir mit dem H3 neu, so dass es vielleicht Nachfolgende leichter haben könnten und tatsächlich bis ans Ende gelangten. Was immer sie dort erwartet!