Leprechaun Canyon
Steffen Synnatschkes Beschreibung gab den Ausschlag. Auch wenn erneut Temperaturen weit über 35° C zu erwarten waren, wir wollten uns den Leprechaun Canyon ansehen! Ein wie beschrieben zumindestens streckenweise slotartiger Canyon sollte etwas Schatten bieten.
An der UT 95 gelegen ist dieser Canyon ein Seitenarm des grossen North Washs, durch den die Strasse nach Hite hinunter führt. Da wir von Moab kommen gibt es prinzipiell zwei Anfahrtswege - entweder über Green River und Hanksville oder über Blanding und Hite. Entfernungsmässig nehmen sich die beiden Alternativen nicht viel. Weil wir noch einmal den Ghost Highway UT 24 fahren wollen, wählen wir die Alternative über Green River.
Wir erreichen das Trailhead bei ca. 12S 0540768 4207569 nachmittags gegen 3 pm, also in relativ grosser Hitze. Es geht nur wenige Meter von der UT 95 nach links zu einem Platz, der unter einem Cottonwood Tree Halbschatten bietet. Unser Auto stellen wir so ab, dass es vermutlich im Schatten des Baumes steht, wenn wir zurückkehren.
Man kann kaum irr gehen. Vom Trailhead folgen wir mehr oder minder dem Wash, der direkt neben dem Weg verläuft. Weiter oben werden wir feststellen, dass das nicht immer leicht ist, aber irgendwo existiert stets ein gangbaren Pfad. Manchmal muss man suchen, wir landen auch mal auf einer Steinkante oder im dichten Gestrüpp.
Der Boden des Washs ist sandig und locker, es geht nicht so flott voran. Die Felsformationen rechts und links entschädigen für die Mühe und sie verhindern das Verlaufen. Eine Gabelung gibts vorerst nicht. Je weiter wir gehen, desto enger wird das Tal. Es ist ja nicht weit, bisher sind wir noch keine halbe Meile gelaufen. Allerdings fordern die hohen Temperaturen ihren Tribut - wir brauchen relativ viel Flüssigkeit. Schatten gibt es nur punktuell.
Ein paar Bilder:
Dann ist auf den ersten Blick kein Durchkommen im Wash. Wir geraten auf einen felsigen Abschnitt, der rechts etwas höher verläuft. Sackgasse, wir müsse zurück in den Wash.
Ein Cottonwood Tree spendet angenehmen Schatten, als wir die Schräge herunterrutschen. Immer wieder erstaunlich, wie gut die Sohlen der Wanderschuhe auf Slickrock haften.
Uns wurde ja ein Slot versprochen, zwar nur so um die 100 Meter lang, aber eben doch ein Slot! Mal schauen, weit kann es nicht mehr sein. Der Canyon wird ja auch schon enger.
Vor uns liegt plötzlich der Eingang zu einer Slotpassage. Sehr niedrig, fast wie eine Höhle oder ein Kellereingang. Nicht weit vom Eingang entfernt hängt ein sog. "Choke Stone" in Spalt. Um darunter durchzukommen, muss man sich schon bücken. Dahinter wirds enger, kühler und feuchter.
Schnell ist das Abenteuer zuende. Nach 20, höchstens 25 Metern endet der Mikroslot in einer Art unterirdischen Tränke. Hinter dem Wasser ist er vollständig verschüttet, war möglicherweise aber auch nie vorhanden. So genau kann man das nicht erkennen, aber der Eindruck, den wir später von oben haben werden, deutet darauf hin, dass hinter dem Wasserloch ein bestenfalls metertiefer Graben existiert.
Was das Auge im Halbdunkel nicht richtig erkennen konnte zeigen die Photos. Der Slot endet hier tatsächlich. Am gegenüber liegenden Ende des Wasserlochs befindet sich offenbar massiver Sandstein.
Der Slot war eher ein Flop, trotzdem ist der Canyon sehr sehenswert.Wir wollen weiter und dazu müssen wir am Slot vorbei. Auf der rechten Seite scheint das zu gehen, aber man muss wieder auf Felsen rauf. Eine Stelle ist markiert - leider für uns nicht ganz so sportliche Naturen nicht zu meistern. (Wie wir später von einem anderen Hiker erfuhren geht es links möglicherweise einfacher am Slot vorbei!)
Nach Wash und Slot kommen wir nun zum dritten Abschnitt des Canyons, der wiederum einen eigenständigen Charakter besitzt. Wir nähern uns einem tiefen, U-förmigen Kanal, dessen Boden aus blankem Fels besteht. Der GPS-Receiver funktioniert schnell nicht mehr, da die hohen Wände die Satellitensignale zu sehr abschirmen. Der Kanal selbst dürfte einige zehn Meter tief und zumeist weniger als 10 Meter breit sein. Da hier unten kein direktes Sonnenlicht mehr ankommt - zumindestens nicht zu der Tageszeit, zu der wir unterwegs sind - verfärbt sich das Licht. Die Grundstimmung wird rötlich bis pink, die Helligkeitsdifferenz zwischen Boden und oberen Rändern gewaltig. Phototechnisch ein Problem!
Der Channel besitzt einen in erster Näherung "S"-förmigen Verlauf. Daher ändern sich auch die Lichtverhältnisse. Wir fanden den mittleren Abschnitt am dunkelsten.
Im felsigen Boden grub sich das Wasser nur flach ein. Hier findet sich etwas Sand, gelegentlich auch Schlammreste, ansonsten ist der Boden wie blankgefegt. Und immer dieses stark gefärbte Licht!
Noch eine Biegung und wir sehen ihn - den Eingang der als "völlig schwarz" beschriebenen Röhre. Dafür war ich anfangs extra nochmal ca. 300 Meter zum Auto zurückgelaufen, weil ich die Taschenlampe vergessen hatte. Wir sind also gerüstet, können das Tunnel angehen. Sozusagen Abschnitt vier!
Es wird noch ein gutes Stück dunkler als im Channel, die erwartete Finsternis bleibt aber aus und daher die Taschenlampe im Rucksack. Sie ist entbehrlich.
Das Tunnel erweist sich als eine Art gerade verlaufender Slot von ungefähr der gleichen Tiefe wie der Channel. Nur eben nochmals wesentlich enger, aber nach oben stets offen. Es ist jetzt Mitte August gegen 5 p.m. und damit zeigt der NO-SW ausgerichtete Slot offenbar genau in Richtung Sonne. Es bildet sich eine Art "Beam" der mit einer gewissen Schräge einfällt und so nicht die gleiche Wirkung entfaltet, die solche Beams anderwo haben.
Dann öffnet sich der Spalt nach oben hin immer mehr. Das bringt zusätzliches Licht, nimmt aber die Stimmung weg. Hier laufen wir jetzt nur noch in einem sehr engen Graben. Die Lichtstimmung tendiert gegen violett.
Rechts öffnet sich eine Lücke im Fels. Nach einem Bericht amerikanischer Canyoneers könnte man hier aussteigen und nach einigem Klettern auf die Felsgruppe östlich des Canyons gelangen. Geradeaus geht es auch weiter, aber nur noch für wenige Meter. Der Slot endet in einer Art Kammer, in die man sich schon fast hineinzwängen muss. In ihrer Rückwand sieht man zwar einen weiterführenden Spalt, dessen Breite aber kaum 15 cm beträgt.
Der Punkt zum Umkehren. Wir sind nicht die geübten Kletterer, denen ein Ausstieg durch die Lücke möglich wäre. Der späte Nachmittag stellt ein weiteres Gegenargument dar.
Auf dem Rückweg gibt es keine Beams mehr im Tunnel. Finster ist es trotzdem nicht, der Spalt nach oben lässt mehr als genug Licht einfallen.
Als wir wieder in den Channel hineinlaufen, entdecken wir ein paar Details, die uns auf dem Hinweg entgangen sind:
Wir lassen den Channel schnell hinter uns. Je mehr wir uns dem offenen Canyon nähern, desto mehr kommt die Hitze zurück. Halb unterirdisch war es doch deutlich kühler!
An der Wand des Channels entdecken wir dann die Spuren, wo man Kritzeleien irgendwelcher Schmierfinken beseitigt hat. In ein paar Jahren sollten diese Wunden verheilen.
Leprechaun Canyon war die Mühe der Wanderung bei den hohen Temperaturen sicher wert! Auch oder vielleicht gerade, weil nicht alles so erschien, wie wir es glaubten, aus der Beschreibung herausgelesen zu haben. Geschätzte eineinviertel Meilen vom Trailhead bis zu der Stelle, an der zweite Slot unpassierbar wird, sind auch im Sommer mit entsprechenden Flüssigkeitsmengen im Rucksack realistisch. Und die Taschenlampe können Sie ja getrost zuhause lassen.