Giles
In diesem Jahr - 2015 - hatten wir uns intensiver mit dem grauen Utah, also den Shale-Gebieten auseinadergesetzt. Von den Pinto Hills und den Lower Blue Hills waren wir positiv überrascht. Sie kamen so ganz anders daher als die Red Rock Areas.
Dieses Mal soll es in die Gegend von Caineville gehen, sozusagen die heimliche Hauptstadt des Shales. An der UT 24 bei 12S 0511050 4245468 - die Stelle liegt knapp östlich des Neilson Washs - biegen wir zum River hin ab. Diese Abzweigung liegt 9,5 Meilen westlich der grossen Kreuzung in Hanksville bzw. 8,5 Meilen östlich von Caineville. Hier gibt es eine Handvoll Häuser, das Hamlet Elephant.
Die Entfernung zum Fluss ist gering.
Bei diesem Wasserstand ist die Durchfahrt auch für einen Pkw zu bewältigen. Am Südufer sieht es so aus:
Die Road schwenkt nach Osten um, zieht sich zwischen River und den südlichen Cliffs dahin. Nach Norden jenseits des Fremont steht die Landmark der Factory Butte über der Factory Bench.
Vor uns taucht eine weitere Landmark auf - Steamboat Point.
Es ist zwar mehr oder minder stark bewölkt, bleibt aber trocken. Gut so, denn Regen im Shale kann schnell zu einem grossen Problem werden.
Bei unserer Tour befindet sich die Road aber in sehr gutem Zustand. Was wir noch nicht wissen, sie ist die lange gesuchte Verbindung hinauf in die Blue Hills, die wir vor Jahren vergeblich gesucht hatten.
Noch vor der Spitze des Steamboats tauchen plötzlich "Hinweisschilder auf:
Berthas Rock ist benannt nach der Tochter des namensgebenden Henry Giles.
Nichts wirklich Historisches, nennen wir es Folklore. Wir werden noch auf weitere etwas arrangiert anmutende Dinge stossen.
Schon vor Ort, aber mehr noch später bei der Nachrecherche kommen Zweifel, ob die "Beschilderung" einen authentischen Hintergrund hat.
Wir umrunden die Spitze des Steamboat Points, stossen auf eine Wegekreuzung bei ca. 12S 0512815 4244955. Gleich daneben finden wir ein rostiges landwirtschaftliche Gerät, das suggerieren soll, es wäre in Giles eingesetzt worden.
Recherchen ergaben, dass das Gerät erst Jahrzehnte nach dem Ende des Orts - spätestens 1919 - gebaut wurde. Bleibt die Frage, warum es so exponiert aufgestellt wurde?
Daneben steht ein weiteres Schild:
Wie schon erwähnt gibt es keinerlei Hinweis auf die tatsächliche Existenz dieser Ranch. Einzig und alleine die Bezeichnung Blue Valley ist historisch belegt.
An der schon genannten Wegegabelung halten wir uns erst einmal rechts, fahren in Richtung der Henry Mountains nach SSW weiter. Die Ebene stellt die Mündung des Town Wash Valleys dar.
Die Cliffs des Steamboat Points rechts neben dem Weg sind recht imposant.
Ein weiteres Sign besagt, dass wir hier in Richtung Cemetary unterwegs sind:
Diese Wegweisung wird sich zumindestens als korrekt herausstellen.
Nach knapp 1,4 Meilen, kurz hinter der Überquerung des Town Washs, zieht die Spur bei ca. 12S 0512150 4242770 nach links weg. Würden wir weiter entlang des Washs in südlicher Richtung fahren, kämen wir vermutlich zu jenem Trail, den wir vor Jahren in den Blue Hills befuhren, beschrieben in "No particular place to go!" Man könnte so alternativ nach Hanksville gelangen.
Runde 2 Meilen, nachdem wir vom Weg nach Süden abgefahren sind erreichen wir den Friedhof bei 12S 0514090 4244793. Wahrlich eine einsame und wüste Gegend!
Wir steigen vor dem einfachen Zaun, der den Platz einfriedet aus, gehen zum Eingang. Dort hängt ein metallenes Schild:
Unere Zweifel gründen in der Tatsache, dass man das Gelände des Ortes verkaufen möchte. Diese Aktivitäten scheinen schon länger zu laufen und in der Immobilienanzeige hält ein Mann eben diese Schild in Händen, steht aber vor einem völlig unpassenden Hintergrund mit rotem Gestein, Bäumen, einem Leitungsmast und mehreren Gebäuden. Alles das gibt es auf dem Areal und im Umfeld nicht. Die landwirtschaftliche Maschine, die nicht zum Ort gehören kann sowie Schilder mit der offenbar frei erfundenen Bezeichnung "Ghost Ranch" bestärken uns weiter. Bleibt zu hoffen, dass wenigstens der Friedhof authentisch ist. (Fremdlink zur Verkaufsanzeige - Danke an Ilona aus dem Kraichgau!)
Viele Menschen starben früh. Ärztliche Hilfe gab es wenig bis kaum. Als Bishop Henry Giles - nach ihm wurde die Ansiedlung, die zuvor Burgess nach ihrem Gründer und ersten Siedler hiess, benannt - 1892 vom Pferd stürzte und einen komplizierten Bruch des rechten Beins erlitt.
Einen Arzt gab es nicht vor Ort, der nächste erreichbare Mediziner war 60 Meilen entfernt und Viehdoktor. Man holte ihn trotzdem. Er sägte dem Patienten das Bein ohne jegliche Betäubung mit einer normalen Holzsäge ab. Giles starb am folgenden Tag. (*)
Auffallend ist der Unterschied in der Lebenserwartung von Männern und Frauen. Inwieweit dabei die Geburt von Kindern eine Rolle spielte? Jedenfalls wurden beide Frauen im Alter von 16 Jahren verheiratet.
Nicht jede Familie hatte entweder das Geld für einen teuren Stein oder die besseren Steine wurden erst nachträglich gesetzt?
Ein Bishop ist bei den Latter Day Saints ein Gemeindeoberhaupt ähnlich einem Rabbi. Im Unterschied zu anderen Glaubensgemeinschaften übt er sein Amt nach unserem Kenntnisstand aber zumeist nur für einen begrenzten Zeitraum aus. Das Amt ist ein Ehrenamt.
Wir verlassen den Friedhof, fahren die gleichs Spur zurück, auf der wir gekommen sind. Langsam wird das Wetter besser, der Himmel weniger grau. Das tut der Landschaft und unserem Gemüt gut!
An der Abzweigung, wo man den Kartoffelernter abgestellt hat, nehmen wir jetzt die zweite Spur in Richtung Osten. Nach ca. 0,8 Meilen landen wir am Town Wash, der kein Wasser führt. Die Spur zieht sich hinunter in den Wash, wir folgen ihr aber nicht weiter.
Oben am Rand steht ein Holzkreuz:
Es sind Geburts- und Sterbejahre von (wahrscheinlich) Einwohnern von Giles eingeschnitzt. Ob es wirklich alt ist wagen wir nicht zu entscheiden.
Wir kehren endgültig um, es geht zurück nach Elephant und der UT 24. Wir haben nämlich noch einiges vor - es soll zu einem "sagenhaften" Aussichtspunkt gehen.
[*] Quelle: Steve Allen: Utah's Canyon Country Place Names; First Edition 2012